Meine Kollegen grinsten mich vielsagend an, als ich eines Morgens zum Dienst kam. Zunächst verstand ich nicht, aber die Andeutungen brachten bald Licht ins Dunkel: Nach Feierabend würden sie wieder auf den Platz fahren, einige Löcher spielen – und ich würde dabei sein. Ja, ich hatte zugesagt und konnte nun nicht mehr zurück.
Wort ist Wort, auch wenn ich mich noch immer fragte, warum sie gerade mich zum Golfer machen wollten, mich, eine Couch-Potato, das Paradebeispiel für Unsportlichkeit. Ich hatte schon beim Schulsport bewiesen, dass mir jedes Ballgefühl fehlt. Und da ging es um größere Bälle: Fußball, Volleyball, Handball. Nun sollte ich also Spaß daran finden, den Flug einer so kleinen Kugel zu beherrschen? Ich war noch immer skeptisch.
Über den Tag machte ich mir weitere Gedanken. Ich wusste so gut wie nichts über den Golfsport. Schwierig sollte es sein, den Ball richtig zu schlagen, viel Equipment würde benötigt und teuer wäre es auch. Zudem sei eine Clubmitgliedschaft unumgänglich. Club? Ich?
Meine Devise war bis dato bei Groucho Marx entliehen, der gesagt haben soll: „Ich möchte keine Club angehören, der Menschen wie mich als Mitglieder aufnimmt.“ Dennoch: die Neugier wuchs. Immer mehr fieberte ich dem Feierabend entgegen. Erstaunlich, so kann ich mich gar nicht.
Gesucht: Reiche Leute, teure Autos, Hochnäsigkeit
Am späten Nachmittag war die Arbeit erledigt. „Wir treffen uns auf dem Club-Parkplatz“, war die Absprache. Und ich war gespannt, ob sich die üblichen Vorurteile bestätigen würden: Reiche Leute, teure Autos, Hochnäsigkeit…
Vor Ort angekommen, war mein alter Benz tatsächlich das schäbigste Auto weit und breit, nicht das kleinste, aber das mit Abstand älteste. Viel los war hingegen nicht, der Parkplatz war mäßig belegt. Der Andrang sollte uns aber auch nicht kümmern, so sagten die Kollegen. Wir würden eh nicht auf dem 18-Loch-Platz spielen, dort dürfte ich nicht drauf.
Und so hörte ich zum ersten Mal das Wort „Platzreife“. Toll, dachte ich, es gab also noch eine Hürde zu meistern, bevor man wirklich spielen dürfe. Was sollte ich dann hier? Doch auch der Übungsplatz mit 4 Löchern sollte reichen, um mir zu zeigen, wie lang der Weg zum passablen Golfer sein würde.
Dort durfte jeder sein Glück versuchen, feststellen, ob Golf nicht doch Spaß machen kann. Allerdings verschwendete ich daran eigentlich noch keinen Gedanken. Noch immer hielt ich die ganze Sache für eine Schnapsidee.
Die Kollegen bereiteten sich vor: Schuhe wurden gewechselt, Trolleys ausgeklappt, Taschen darauf festgeschnallt, Caps – hallo Klischee – wurden auf die Köpfe gesetzt. Mir wurde ein Schläger in die Hand gedrückt: „Mach Dich damit vertraut“, so hieß es, und: „Sowas wirst Du künftig sehr oft in der Hand haben.“
Noch immer gingen die Kollegen davon aus, das Golf-Feuer in mir entfachen zu können. Und noch immer dachte ich: „Das wird sicher ein einmaliges Erlebnis.“
Dann ging’s zum Clubhaus, GreenfeeSpielgebühr, die von Gästen zu zahlen ist, um den Platz nutzen zu dürfen. bezahlen, Token für den Ballautomaten kaufen (ich dachte immer, man müsse eigene Bälle mitbringen), nun ging‘s los. Aber nicht – wie ich erwartete – auf den Platz, sondern auf die Driving RangeDas Übungsgelände in einem Golfclub, bzw. speziell der Bereich für das lange Spiel mit Vollschwung (im Unterschied zum Chippen, Pitchen und Putten). , aufwärmen hieß die Devise, bzw. für mich: den richtigen Griff ausprobieren.
Denn auf dem Parkplatz hatte ich den Schläger wie einen Vorschlaghammer gehalten, bei Hände hintereinander und den Griff fest umklammert. Nun sollte die erste Lektion folgen.
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